Am Wochenende:
von Werner Klammer
Das Fogarascher Gebirge ist durch die Transfogarascher Hochstraße auch für Bukarester 
Autotouristen in Wochenendnähe gerückt.
August. Seit zwei Tagen regnet es ununterbrochen. Das kann uns aber nicht abschrecken. 
Aus Erfahrung wissen wir, dass das Wetter in der Ebene nicht unbedingt mit dem im 
Hochgebirge übereinstimmen muss. Mit schwingenden Scheibenwischern rollen wir in 
Richtung Piteşti. Im Tal des Râul Doamnei scheint es, als hätten sich, so wie es auch in der 
Ballade von Meister Manole heißt, der auch aus dieser Gegend stammte, alle 
Himmelsschleusen geöffnet. Bei Corbii de Piatră halten wir an, um die Felsklause, eine in 
den Berg gemeißelte, verrußte Kapelle aus alten Zeiten, zu besichtigen. Langsam lässt der 
Regen nach.
Forstbeamte wollen uns einreden, die Straße sei übers Wochenende gesperrt, der 
Gebirgsbach führe Hochwasser, die Brücke sei vom Hochwasser beschädigt und der letzte 
Teil der Straße nicht befahrbar. Wir denken nicht im Traum daran, die Reise zu 
unterbrechen, und erreichen ohne nennenswerte Hindernisse noch vor Einbruch der 
Dunkelheit ein Forsthaus. Der Mann empfängt uns freundlich. Gerne folgen wir seiner 
Einladung, bei dem unsicheren Wetter auf unser Zelt zu verzichten und in einem 
ordentlichen, sauberen Bett zu schlafen.
Am Morgen regnet es nicht mehr. Während sich die Nebel drehen, rollt unser Wagen 
taleinwärts. Die Abzweigungen Valea Rea Brătila und Zârna liegen schon weit zurück. Unser 
Tal heißt Zârnişoara oder auch Leaota. Eine Barrikade aus riesigen Stämmen bedeutet das 
Ende unserer Fahrt. Nach kurzer Überlegung wird der Wagen abgestellt und der Weg zu 
Fuß fortgesetzt. Bald schon endet dieser in einem Wald. Wir überqueren einen Bach und 
beginnen am jenseitigen Ufer unseren Anstieg über einen gut ausgetretenen Hirtenpfad.
Zu unserer Linken schäumt die wasserreiche Leaota in wilden Wasserfällen von Fels zu 
Fels. Eine gute Stunde später treten wir aus dem Wald. Die Nebel haben sich verzogen, der 
Himmel ist tiefblau. Unbarmherzig brennt die Sonne. Verlassen liegt die Almhütte in der 
Weite des Tales. Den ersten Hirten mit ihren Schafen begegnen wir schon bald darauf auf 
der zweiten Terrasse des Tales. Unser Standplatz erlaubt bereits eine gute Übersicht. Nach 
gründlichem Studium einer Kartenskizze von Reinhold Gutt aus 
„Komm mit 1980“ 
beschließen wir einen Direktanstieg zum ersten See – Lacul Roşu. Bald tauchen wir im 
Latschen- und Farndschungel unter. Gut getarnte Felsblöcke bzw. die Lücken dazwischen, 
sind ausgezeichnete Fußangeln. Dann schließt sich der Dschungel hermetisch. Als einzige 
Alternative bietet sich ein Wasserlauf an. Es ist der weißschäumende Wildbach, der sich, als 
Hunderte von Metern hohe Kaskade aus dem Lacul Roşu entspringend, einen Weg durch 
den Dschungel gewaschen hat.
Wir klettern nun direkt am Wasserfall, uns so gut wie möglich aus dem Wasser 
heraushaltend. Die Felsen sind glitschig, doch die rechts und links herabhängenden 
Latschen ergeben zuverlässige Griffe. Endlich hat auch das zusammenhängende 
Latschendickicht ein Ende und wir können dem Wasserfall rechts ausweichen. Bald finden 
wir eine Kanzel, eine willkommene Raststelle, um uns in der Sonne von den Strapazen zu 
erholen. Die Steilflanke legt sich nun zurück und wir betreten ein Kar. Inmitten der Latschen 
entdecken wir den Lacul Roşu. Unser nächstes Ziel ist nun der Muşetescu-Kamm mit dem 
Dara-Gipfel, einem der elf Zweitausendfünfhunderter der Südostkarpaten.
Während des Anstiegs hatten wir kaum Zeit und Gelegenheit, einen Blick auf den Himmel zu 
werfen. Überrascht stellen wir fest, dass der Gipfel im Nebel verschwindet. Ein Blick in die 
Runde: Überall drohendes Grau bis Schwarz. Die Wolkenbrüche der letzten Tage kommen 
uns in Erinnerung; schweren Herzens verzichten wir auf die Dara.
Abstieg! Mit Hilfe unserer Kartenskizze und der vorhandenen Trittspuren geht es von Hârtop 
zu Hârtop – also von Kar zu Kar – von See zu See – Scoica, Geamănu de Sus und de Jos – 
abwärts. Irgendwo begegnen wir einem einsamen Hirten mit seinen Schafen und erreichen 
wieder das Leaota-Tal in seinem obersten Teil. Ganz nahe ist der Fogarascher Hauptkamm, 
doch der interessiert uns jetzt nicht.
Vielmehr suchen wir eine Möglichkeit für den Abstieg. Er scheint nicht problemlos. Der 
Grashang wird immer steiler und steiler – eine regelrechte Graswand. Zaghaft folgen wir den 
Spuren der Hirten und Schafe. Linker Hand schäumt der junge Leaotabach als Wasserfall. 
Das rechte Ufer wird zur Felswand und der Hirtenpfad wechselt auf das linke Ufer über. Steil 
geht es hinab. Wie sieht es wohl hier im Winter aus?
Nach langer Kraxelei endlich die erste Terrasse mit einer Hirtenhütte. Der alte Senn ladet 
uns zu seinem „Tisch“ mit frischer Mămăligă und Schafmilch. Wir langen tüchtig zu.
Wieder eine Steilstufe, darauf die zweite Terrasse und schließlich die Stelle, wo wir am 
Vormittag in die Latschenwand eingestiegen sind. Der Ring hat sich geschlossen. Auf 
nunmehr bekanntem Pfad erfolgt der Rückweg. Das Wetter hat gehalten, trocken erreichen 
wir den Wagen und sind noch vor Mitternacht in Bukarest. Es war bestimmt ein 
anstrengender, aber dennoch schöner Ausflug. Und ganz besonders groß war die Freude, 
dass wir uns vom Wetter nicht abschrecken ließen.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 84, S. 216 – 218)
| Seite | Bildunterschrift | 
|---|---|
| 217 | Kartenskizze: Valea Leaota Deteil. | 
| 218 | Karikatur: Wasserfallklettern im Leaota-Tal. |