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Sagenumwobener Felsen

von W. K.

Ein sagenumwobener Stein im Ceahlău-Gebirge beschäftigte neuerdings wieder die Wissenschaft – der Dochia-Felsen, in dessen Nähe die Dochia-Schutzhütte errichtet wurde. Die Volksüberlieferung erzählt über seine Entstehung, dass eine gehässige Alte, die Baba Dochia, im Frühjahr kein Futter mehr für ihre Schafe hatte und deshalb schon am ersten sonnigen Märztag mit ihnen auf die Alm zog. Die Sonne schien warm, und die Alte warf ihre Pelze ab. Es kam aber wieder Frost, die Alte erfror und wurde zu Stein. Ihre ebenfalls zu Stein verwandelten Schafe umgeben sie.
Eine andere Sage berichtet, Dochia sei die Tochter des Dakerkönigs Decebal gewesen. Als die Hauptstadt Sarmizegetusa von den Römern eingenommen wurde, sandte ihr Vater sie auf den Berg Coghenon – das ist der Ceahlău –, um dort vom Dakergott Zamolxes Hilfe für die Bedrängten zu erflehen. Die Römer jedoch verfolgten die Königstochter und waren nahe beim Göttersitz daran, sie zu fangen. Zamolxes aber rettete sie; er verwandelte das Mädchen in einen weißen, weithin leuchtenden Stein.
Der Moldaufürst und Schriftsteller Dimitrie Cantemir schrieb im 18. Jahrhundert in seinem Werk „Descriptio Moldaviae“ über diesen Felsen: „... Mitten im Ceahlău-Gebirge sieht man eine fünf Ellen hohe Statue, die eine Frau darstellt, umgeben von zwanzig Schafen. Es ist schwer zu sagen, ob sie ein Phantasiegebilde der Natur ist, oder ob sie von Künstlerhand geschaffen wurde. Die Statue steht auf keinem Sockel und diente zur Verehrung irgendwelcher heidnischer Gottheiten...“
Jüngsten Forschungen zufolge ist der Dochia-Felsen tatsächlich ein von Menschenhand geschaffenes Standbild, er gehörte zu einer Kultstätte der Daker. Die Annahme wird dadurch erhärtet, dass dieser Felsen aus Kalkstein besteht, die gesamte Umgebung aber aus Sandstein.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 81, S. 70 – 71)

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